w(ort)los
Ein weiter Raum, in ihm gibt es nicht viel, an dem das Auge halt suchen kann. Weiße Wände, eine kahle Decke und ein Boden, der auch nicht weiter auffällt. Das Auge wandert, sucht nach Fokus. Inmitten des Raumes findet es schließlich Ruhe. Die weite Leere wird unterbrochen. In ihr sitzen die Tänzerin Helena Vancura in einem weißen Kleid und der Musiker Maxi Nagl in einer schwarzen Adidas Hose und einem weißen, am Rücken blau bemalten Shirt, umgeben von einer Ansammlung an Instrumenten. Sie sitzen sich gegenüber. Ihre Augen gebannt auf ihm. Seine auf den Instrumenten.
Langsam beginnt man, Klänge wahrzunehmen. Sie fühlen sich windig an. Distorted Synths untermalen die Stimmung, die die neugewonnene dunkelblaue Beleuchtung des Raumes vorgibt. Es folgen dumpfe Drums, hellere Synths und das Gefühl in Schock zu erstarren, wie wenn man jemanden das erste Mal sieht. Man staunt, die Welt herum verzerrt, bis einen der Sog der gegenüberstehenden Person verschlingt.
Helena Vancura und Maxi Nagl setzen sich in ihrem neuen Projekt w(ort)los das Ziel, die Grenzen der herkömmlichen verbalen Sprache zu überschreiten, während sie die Anfänge ihrer Beziehung Revue passieren lassen. Jeder Abschnitt zeigt ein neues, damals unbekanntes Gefühl dieser werdenden Beziehung. Sie zeichnen ein Bild des frühen Kennen- und Verstehenlernens. Nach dem Staunen in der ersten Begegnung porträtieren die beiden die Überforderung der Anfänge. Der zweite Song beginnt schnell, so setzt sich auch Helena in Bewegung. Fünf Klavierspuren mischen sich mit einer Aneinanderreihung und Überschneidung ihrer Tanzbewegungen. Der Fokus bleibt nie lange, wechselt hin und her, alles passiert so schnell. Keys, die unmöglich sind, Bewegungen, die ineinander verschwimmen. Das Auge findet weder Halt noch Rast. Man verliert die Orientierung. Am Ende setzt sich Helena auf den Boden. Die Musik stoppt. Eine Stimme aus dem Off sagt uns: „Steigen sie nicht mehr ein“ und man findet zu sich zurück. Die beiden gewähren eine kurze Verschnaufpause. Man lokalisiert sich wieder. Irgendwie ist man wohl an einer U-Bahn Station gelandet.
Neben dem Ausdruck ihrer Gefühle zeigen Helena und Maxi in w(ort)los Orte, die die beiden miteinander verbinden. Jeder Abschnitt, jeder Song, jeder Tanz zeigt, wo sich die beiden befinden und zeigt das jeweilige Sein mitsamt den einhergehenden neu gewonnenen Freuden, Ängsten und Verwirrungen. Sie wandern vom Konzerthaus, über den Schwedenplatz, hin zum Volkstheater, in ihre jeweiligen Zimmer, daraufhin zum Donaukanal und letztendlich zum Schloss Schönbrunn.
Neben dem Ausdruck ihrer Gefühle zeigen Helena und Maxi in w(ort)los Orte, die die beiden miteinander verbinden. Jeder Abschnitt, jeder Song, jeder Tanz zeigt, wo sich die beiden befinden und zeigt das jeweilige Sein mitsamt den einhergehenden neu gewonnenen Freuden, Ängsten und Verwirrungen. Sie wandern vom Konzerthaus, über den Schwedenplatz, hin zum Volkstheater, in ihre jeweiligen Zimmer, daraufhin zum Donaukanal und letztendlich zum Schloss Schönbrunn.
Helena schwingt und wirbelt durch ein Konvolut von Orten und Gefühlen, regt und wendet sich auf dem Boden und überwindet so die Worte. Torso und Beine verschmelzen in der Dynamik ihrer Bewegung. Ihr Körper spricht. Mal laut, mal leise, aber immer gierig all das auszudrücken, was der Mund nicht schafft. „Ich habe wenig fixiert und wollte neugierig bleiben, damit es dann schlussendlich auch authentisch ist und nicht bloß ein Abspielen von Bewegungen. Wenn man es anhand von Gefühlen macht, haut der Körper eigentlich immer raus, was er gerade möchte“, so Helena.
Angelangt am nächsten Ort ziehen die beiden aneinander. Die Szene beginnt, fokussiert auf ihrer Hand. Sie streift den Boden, ragt in die Luft. Helena streckt sich, dehnt sich, aber erreicht nicht, wonach sie sehnt. Die Hand fällt, ihr Körper schwingt, sie schlägt aus, greift ruckartig in die Weite und versucht mit aller Kraft zu ziehen, an was sie zuvor nicht greifen konnte. Maxi spiegelt das wider. Die Synths ziehen sich von links nach rechts, von einem Ohr in das andere. Kurz wird es ruhiger, Helena sammelt sich neu. Sie beginnt, ihren Arm anlockend zu reichen. Die Synths werden lauter und Helenas Bewegungen intensiver. Sie verlässt das Bild. Maxi faded aus und wir wandern weiter zum nächsten Ort. Es entsteht ein intimer Moment. Die Kamera ist nun nah an Maxi. Sein Kopf ist im Vordergrund, während Helena im Hintergrund langsam das Bild betritt. Er spielt Gitarre und beginnt zu singen. Seine Vocals sind verzerrt, man kann nicht ganz greifen, was er sagt. Vielleicht auch einfach, weil wir reine Beobachter sind. Wir dringen ein in eine Welt, die wir oberflächlich greifen, aber nie voll verstehen können. Vielleicht sind es auch einfach die Worte, die wieder nicht genug sind, die zum Ausdruck gebracht werden. Was man hört, ist, wie er Ballast abwirft, sich öffnet und fallen lässt. Er besingt die Dinge, die ihm aufwiegen, die ihm schwerfallen. Was diese Dinge aber genau sind, ist in dieser lauschenden, überhörenden Position, die man als Zuschauer einnimmt, nur schwer zu verstehen.
Es ist der letzte Abschnitt: nr.07. Die beiden sitzen sich gegenüber. Wieder liegen ihre Augen gebannt auf ihm. Seine auf den Instrumenten. Langsam merkt man, Klänge wahrzunehmen. Leise zittrig beginnend, bis sie lauter, kreischender und schriller werden. Sein Blick wandert langsam weg von den Instrumenten. Er sieht sie an. Die Synths werden sanfter, leiser und faden langsam aus. Schwarz.
W(ORT)LOS – MAXI NAGL & HELENA VANCURA
Am 22.10. bietet der Wiener Kramladen diesem Projekt eine Bühne. Maxi Nagl tritt dort als Support für Ashton Theo auf und präsentiert w(ort)los zum ersten Mal live. Wer dieses Werk einmal live erleben möchte, sollte sich diese Chance nicht entgehen lassen. Außerdem hat das Duo Merchandise im Look des im Video getragenen Shirts mit dabei, daher sollte man es erst recht in Betracht ziehen, dort vorbeizuschauen.
JONAS TÖPFL
TEXT
FIONA BELLA IMNITZER
BILDER
IDA JESENBERGER
COVER
INPUT UND TEXTUNTERSTÜTZUNG