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Lisa Spielvogel

BLUTIG – FIEBERHAFT – SURREAL

Wie einst die goldenen Äpfel den Reichtum eines barocken Fürsten zementierten, so ist es unser Drang zur jungen Kunst, welcher anhand von Lisa Spielvogel verfestigt wird. Ihr Gemälde, welches unser Cover ziert, lädt uns in einen dunklen Raum ein, dessen einziges Licht der, dem Flüchten vor sommerlicher Hitze gewidmete, Kühlschrank produziert. In seiner Kühle baden zwei Menschen. Die eine liegt gar darin, der andere wenige Schritte davor. Die Welt wird wärmer, metaphorisch wie auch physisch. So warm, dass die Hitze den Weg nach draußen fast verwehrt.  Die Hitze dringt in den der Welt gekehrten Raum. Noch schwach genug um die Hoffnung auf den Kampf gegen sie zu stützen.

Lisa Spielvogel hat sich diesen Traumwelten verschrieben. So begegnen uns, wenn wir die Augen schließen und an ihre Kunst denken, Welten, die fast fieberhaft surreal wirken. Man möchte diese in Anbetracht des vielen Blutes oder gar dem introspektiven Schmerz, den diese Malereien hervorbringen, fast sofort wieder öffnen. Doch das scheint gar unmöglich. Als würde sie die betrachtende Person an der Hand nehmen und mit in einen Abbiss schleppen. Zum Losreißen ist es zu spät. So wie sich einst Nonnen im Blut Christi aus dessen Seitenwunde Verständnis für ein projiziertes Leid erahnen konnten, gibt uns Lisa ein ähnliches Mitgefühl. Man fühlt Verständnis für den eigenen Schmerz in den blutig, wütenden Szenen ihrer Gemälde.



Die Kunst dient der jungen Linzerin als Rückzugsort. Schon seit sie sich erinnern kann hat sie ihre Welt portraitiert, um sich darin frei entwickeln zu können. Sie selbst beschreibt ihre Kunst als Ausdruck, Therapie und Selbstfindung zugleich. Eine Magie oder gar eine Geburt, welche ihr gewährt Lebendiges zu schaffen. Ist das Werk vollendet, beschreibt die Künstlerin, überkommt sie ein Gefühl des Ballastabwurfs, als hätte sie das Kind nun abgenabelt. 

Die Gemütszustände mögen sich ändern, jedoch nie der Drang, diese mit einem Griff zum nächstgelegenen Pinsel auf die naheliegendste Oberfläche zu bringen. Dies dient ihr als Ventil, um Wut, Angst oder Trauer einer Welt entgegenzubrüllen, welche ihr diese Gefühle präsentiert. Eine Möglichkeit herauszulassen, was lange angestaut war und längst zu brodeln begonnen hat. 

Ohne Urteil – Ohne Rücksicht – Ohne Angst vor Bewertung


BILDER:
© Lisa Spielvogel

JONAS TÖPFL