Kreaturen unserer Kindheit
EINE LEISE VERÄNDERUNG SCHLEICHT SICH IN DIE ZEIT DER STERBLICHEN DINGE, GANZ GLEICH, OB WIR ES WAHRNEHMEN ODER NICHT.
DENN DIE INNERE WELT GEHT EINEN ANDEREN ZEITSTRANG ALS DIE ÄUSSERE.
EIN FOTO-ARTIKEL ÜBER KUSCHELTIERE UNSERER KINDHEIT, DIE ALLMÄHLICH UND GANZ LANGSAM MIT UNSEREM AUFWACHSEN ZU KREATUREN WERDEN.
Wie weich und einladend sie aussehen. Allein der Anblick schenkt Vertrautheit und die Umrisse im Dunkeln Sicherheit.
Wie Beruhigung durch unsere Adern floss, wenn wir mit unseren Fingern durch das Fell strichen. Der Behüter unserer Kindheit, Stoff, der uns beschützt und begleitet hat.
Sie waren für uns da, gaben uns Halt, als wir mitten in der Nacht aufschreckten, weil sich Klauen eines Monsters in unsere Haut gegraben hatten.
Wir klammern uns an sie, leblose Geschöpfe, die uns Wärme spenden. Wir umarmen sie so oft, dass sich ihre Wolle im Innern verhärtet und die Nähte zu reißen beginnen.
Und während Nähte aufplatzen, Farbe verblasst, sich Formen verziehen, Gerüche sich verändern und das Aussehen immer abstoßender wird, bleibt die Liebe zu ihnen unerschütterlich.
Harmlose Knopfaugen weichen Toten Höhlen, so gefährlich wie leise in der Dunkelheit lauernd.
Eine Kreatur so starr, wie man als Erwachsener stark sein soll. Nichts Wärme spendendes, wie ein eisiger Stein.
Zittrige Finger gleiten über die rissige Oberfläche.
Sie suchen Wärme, Schutz und Geborgenheit. Doch da, wo sie Trost suchen und sich verstanden fühlen wollen, erwartet sie eine distanzierte Masse.
Vom Erlebenden zum Beobachtenden.
Vom Nahbaren zum Ehrfurcht gebietenden Dasein.
Die Statue wurde von einem unbekannten Künstler im Jahre 2011 angefertigt und kann vor dem Musikverein in Wien bestaunt werden.