Labubist du deppert?
MAN GÖNNT SICH JA SONST NIX – NOCH EINE KONSUMKRITIK
Grinsende Fratzen, eingepackt in Plüsch, verkauft nach dem Zufallsprinzip, künstliche Verknappung, kreiert durch Special-Editions, die man natürlich unbedingt braucht; es geht um den Trend des Sommers 2025: die Labubus.
Die kleinen Ausgeburten der Hölle, die sich Kapitalismus schimpft, haben es dieses Jahr aus China auch zu uns in den Westen geschafft. Neben Dubaischokolade und Matcha Latte kann man auch bei den Labubus beobachten, wie sich Trends, vor allem durch soziale Medien gepusht, immer schneller und extremer entwickeln.
Während es anfangs ja noch sehr süß war, sich einen kleinen plüschigen Begleiter anzuschaffen, so kippte es bei einigen gleich einmal in den übermäßigen Konsum. Dass ich es dann nicht mehr ganz so süß finde, wenn zig-millionen dieser Kunststoffbomben, die abermals nur für einen, wie ich vermute, schnelllebigen Trend produziert werden und nach kürzester Zeit wieder auf den Müllhalden oder sogar auf Karl Marx‘ Grab landen (leider keine Metapher, ist tatsächlich passiert), ist hoffentlich nachvollziehbar.
Dennoch ist dieses gesellschaftliche Phänomen der immer schnelleren und extremeren Trends durchaus auch nachvollziehbar; der Lipstick-Effekt greift in der momentanen wirtschaftlichen Lage so gut wie schon lange nicht mehr.
Zur Erklärung: der Lipstick-Effekt besagt, dass in Zeiten von wirtschaftlichem Abschwung und Rezession eher auf größeren Luxus verzichtet, aber dafür öfter zu kleineren Luxusgütern wie eben Lippenstift, oder in unserem Fall Labubus, gegriffen wird.
Kleine Belohnungen, die man sich hier und da mal gönnt, führen dazu, dass es uns etwas besser geht. Wenn man sich etwas kauft, schüttet das Gehirn Dopamin aus und belohnt den Kauf dadurch. Da uns online von allen möglichen Seiten eingeredet wird, bestimmte Dinge zu brauchen oder zu wollen, ist es auch nicht überraschend, dass das Kaufverhalten so schnell eskaliert. Zudem werden Kleinwaren, die über gewisse Onlinehändler zu Spottpreisen verkauft werden, immer schneller und billiger produziert und füttern so den rasanten Konsumkreislauf.
Problematisch wird das wiederum, wenn Millionen von Menschen sich an den Trendkreisläufen orientieren und jeden Trend mitmachen; sei es eine neue Garderobe für jede Jahreszeit, die in die Länder geht, oder ein Gadget, dass von Influencer*innen hoch angepriesen wird und dann vielleicht dreimal benutzt wird.
Wie man also sehen kann, sind die Labubus hier kein Einzelfall und fügen sich fast nahtlos den Konsumtrends der letzten Jahre an. Man kann hier natürlich die sozialen Medien, insbesondere eine gewisse Kurzvideo-Plattform, für den Niedergang der Aufmerksamkeitsspanne verantwortlich machen, da diese definitiv nicht unschuldig in dieser Entwicklung waren. Dennoch finde ich, dass man das strukturelle Problem der Wirtschaft der letzten Jahre nicht außer Acht lassen darf.
Während die Reichen immer reicher werden, wird die Lage für die Durchschnittsbürger*innen immer prekärer. Stellen werden gekürzt, da es für die Chefitäten sonst nicht mehr für das Ferienhaus oder die Yacht reicht – Arbeitslosigkeit steigt, Bewerbungsschreiben werden ignoriert. Gleichzeitig steigen die Lebenskosten und in den Nachrichten liest man von Kriegen, während hier Subventionen gekürzt oder gestrichen werden.
Da ist es nicht gleich pauschal verwerflich, wenn man sich hier und da einmal impulsiv etwas Sinnbefreites kauft – im Falle der Labubus nahm es jedoch erschreckend schnell überhand. Da durch das Verkaufsprinzip der Blind-Boxes nicht gezielt gekauft werden kann, geben einige Menschen horrende Geldbeträge aus, um ihre Sammlung zu vervollständigen – insgesamt gibt es rund 300 verschiedene. Bei einem Resale-Stückpreis von etwa 50 bis 240 Euro ❶, bleibt hier einiges an Geld liegen. Unter anderem, da es zunehmend schwerer wird, sie direkt vom Hersteller zu erwerben, der in Europa ohnehin nur sehr limitierte Verkaufsstellen hat. Hier setzen dann die sogenannten „Lafufus“, also die gefälschten Labubus, zum Schlag an, um die Nachfrage zu befriedigen.
Irgendwo ist es ja doch faszinierend, wie so ein Plüschanhänger es schafft, den Menschen so viel Geld aus der Tasche zu ziehen, um ihnen ein kleines Gefühl von Luxus zu geben. Ich würde mir nur wünschen, dass wir in den nächsten Jahren zu nachhaltigerem und vor allem bedachten Konsum zurückkehren können. Denn irgendwann wird die Welt davon brennen.
Und brennendes Plastik stinkt.
❶ https://limitedresell.com/de/440-popmart-labubu-die-monster
THEODOR HERBST TEXT + BILD