Before Sunrise
Plattenladen Teuchtler – Windmühlgasse 1060 Wien
30 Jahre ist es her, dass Richard Linklater seinen Film Before Sunrise auf die Leinwand brachte. Ein runder Geburtstag, den viele Ansässige in ihren liebsten Wiener Kinos feierten.
Der Film, der ursprünglich nicht besonders viel Erfolg erntete, hat in all der Zeit (zusätzlich zu den sentimentalen Wiener*innen) ein Kult-Fandom entwickelt und für dieses an Stellenwert gewonnen. So viel sogar, dass drei Dekaden später viele von ihnen immer noch nach Wien reisen, um die Schauplätze zu besuchen, an denen Jesse (Ethan Hawke) und Celine (Julie Delpy) 1994 spazierten.
Das Arena Café hat sich lediglich visuell und im Namen verändert. Der Standort bleibt mehr oder weniger derselbe, nur heißt es mittlerweile Arena Beisl (wienerisch für Bar). Kleine Konzerte gibt es hier allerdings immer noch.
Es sind Orte des Alltags: Wiener Kaffeehäuser mit ihren Stammkunden, die liebste Konzert Location junger Einwohner*innen, und ein Bahnhof, an dem täglich mehrere hundert Menschen gestresst herumhetzen.
Einige davon wirken unverändert, während sich andere mit dem immer älter werdenden Publikum mitentwickeln.
Darunter auch der Friedhof der Namenlosen. Er ist deutlich weiter abgelegen, als der Film suggeriert. Hierhin unternimmt man schon mal eine Reise, die durchaus länger als eine Stunde dauern kann.
Er gilt als einer der „spukintensivsten“ Orte Europas. Nachts kommen hier Geisterjäger her, um Kontakt zum Jenseits aufzubauen. (Das betreten bei Dunkelheit ist grundsätzlich verboten.)
Hier liegen seit ca. 200 Jahren Opfer von Unfällen, Ertrunkene aus der Donau und all jene, die am Zentralfriedhof keine Ruhe finden durften. Die meisten konnte man gar nicht, oder nur beim Vornamen identifizieren; ihre Gräber werden bis heute von Ehrenamtlichen gepflegt.
Friedhof der Namenlosen am Albernen Hafen –
gepflegt von Fam. Fuchs.
gepflegt von Fam. Fuchs.
Obwohl im Zentrum des Films die Beziehung der beiden Protagonist*innen steht, macht sich ein Thema von Szene zu Szene immer bemerkbarer: Vergänglichkeit.
Wir sehen zwei Leuten dabei zu, wie sie eine Beziehung aufblühen lassen, die zeitgleich verwelkt.
Ihre Gesprächsthemen drehen sich nach und nach mehr um das Sterben von Beziehungen, nahestehenden Personen und ihrer eigenen momentanen Situation, während sie sich noch darin befinden.
Der Donaukanal und das Kleine Café in 1010 Wien sind für die Hauptcharaktere Orte des Konflikts. Hier tragen sie erste Diskussionen aus und teilen Meinungsverschiedenheiten zu Magie und Realismus, nachdem sie im Café einer Handleserin und am Wasser einem Poeten begegnen.
Besagter Verfall macht sich auch 2025 an einzelnen Drehorten bemerkbar. Einige blieben beständig, haben sich kaum verändert und geben einem immer noch dieselbe idyllische Stimmung. Vereinzelte Orte mussten sich der Zeit allerdings beugen. Die Listening Booth im (immer noch sehr gut besuchten) Plattenladen Teuchtler existiert nicht mehr - daraus wurde ein Lagerraum. Das Arena Café, in dem die beiden zufälliger- (und sinnloser-)weise landen, gibt es in der Form auch nicht mehr. Und am Donaukanal sitzen meines Wissens auch keine Poeten.
Plattenladen Teuchtler
Hier spielt die wohl bekannteste Szene des Films: Ethan Hawke und Julie Delpy hören sich wortlos eine Platte in der Listening Booth des Plattenladens an. Der Laden in der Windmühlgasse ist selbst 20 Jahre später gut von Fans besucht, die sich mittlerweile vorne an der Kasse mit Kopfhörern durch Platten durchhören können und gerne mal T- Shirts mit dem Filmtitel mitnehmen.
Zumindest hätten Jesse und Celine sich an ihrem ausgemachten Treffpunkt im Winter sofort wiedergefunden - der Westbahnhof hat sich kaum verändert.
FIONA BELLA IMNITZER TEXT + BILD